150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Ingelheim am Rhein 1860 - 2010

Einleitung und Chronik

Einhundertfünfzig Jahre Freiwillige Feuerwehr in Ingelheim am Rhein. Das ist ein echtes Jubiläum. Es lohnt, in der Eile unserer Tage innezuhalten, um diese lange, uneigennützig gemeinschaftliche Tätigkeit von Nachbarn an Nachbarn einer wohlverdienten Würdigung zu unterziehen. Von ihrer Gründung im Jahre 1860 bis heute haben allzeit, auch unter schwierigsten Bedingungen, Wehrmänner ihren Idealismus unter Beweis gestellt. Die Geschichte der Ingelheimer Jubiläumswehr beweist in all den Jahren, dass ihre Mitglieder im Brand- und Katastropheneinsatz nicht zurückstanden, ohne Ansehen der Person, Hab und Gut zu retten und das eigene Leben dafür einzusetzen.

Obwohl sich neben Ober-Ingelheim auch in den meisten anderen größeren Orten der Region Rheinhessen schon 1860 freiwillige Feuerwehren gegründet hatten, wurde dies in Nieder-Ingelheim immer wieder verzögert. Erst nachdem der Großherzogliche Kreisrat die Einrichtung einer Pflichtfeuerwehr androhte, sollte nicht binnen sechs Wochen ein Antrag des Gemeinderats auf Gründung eines Feuerwehrcorps vorliegen, kam es 1882 zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Nieder-Ingelheim.

Die dritte freiwillige Wehr in der heutigen Stadt Ingelheim wurde 1896 aus einer Pflichtfeuerwehr in der Gemeinde Frei-Weinheim gegründet. Schließlich kam im Jahre 1912 mit der Gründung der Werkfeuerwehr der Firma Boehringer Ingelheim eine weitere Wehr hinzu.

Mit der Stadtwerdung zur Stadt Ingelheim am Rhein am 01. April 1939 wurden die drei bis dahin eigenständigen Freiwilligen Feuerwehren von Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim (mit Sporkenheim) und Frei-Weinheim unter dem Namen „Feuerlöschpolizei“ zusammengeschlossen, wobei die Wehren in den jeweiligen Stadtteilen als Löscheinheiten mit einer gewissen Eigenständigkeit geführt wurden.

Nach dem 2. Weltkrieg blieb diese Organisationsstruktur erhalten. Mit der Eingemeindung der Gemeinde Groß-Winternheim in die Stadt Ingelheim im Rahmen der Verwaltungsreform 1972 kam die Freiwillige Feuerwehr Groß-Winternheim, die 1909 gegründet wurde, als Löscheinheit 5 zur Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Ingelheim hinzu. Alle fünf Löscheinheiten verfügten über eigene Feuerwehrgerätehäuser in ihren jeweiligen Stadtteilen.

Im Rahmen der 100-Jahr-Feier der Freiwilligen Feuerwehr Nieder-Ingelheim im Jahre 1982 fand der erste Spatenstich zum Bau einer neuen Feuerwache hinter der Alten Markthalle in der Binger Straße statt. Mit der Fertigstellung dieser Hauptwache wurden die Löscheinheiten I und II (Nieder- und Ober-Ingelheim) zusammengelegt und die alten Feuerwehrgerätehäuser in diesen Stadtteilen aufgegeben. In Nieder-Ingelheim wurde das Feuerwehrgerätehaus zum Museum und in Ober-Ingelheim zum Kindergarten um- und ausgebaut.

Im Jahre 1999 wurde die Feuerwache des Löschzugs 1 (Nieder- und Ober-Ingelheim) in der Georg-Scheuing-Straße in einer Feierstunde nach dem langjährigen Branddirektor Ferdinand Mayer benannt, der von 1874 – 1901 der Ober-Ingelheimer Wehr als Kommandant vorstand. Damit ehrte die Stadt Ingelheim und die Freiwillige Feuerwehr der Stadt einen engagierten jüdischen Bürger, der sich durch sein Wirken um das Gemeinwohl Ober-Ingelheims verdient gemacht hat. Insgesamt 27 Jahre diente er der Freiwilligen Feuerwehr und war darüber hinaus als erster Kreisfeuerwehrinspekteur auch über seine Heimatgemeinde hinaus engagiert.

In der heutigen Struktur besteht die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim am Rhein aus drei Löschzügen (Ingelheim-Mitte, Groß-Winternheim und Frei-Weinheim) mit jeweils eigenen Gerätehäusern. Den rund 90 aktiven Einsätzkräften stehen insgesamt 23 Fahrzeuge und zwei Feuerwehrboote zur Verfügung. Sondereinheiten wie die Teileinheit „Höhenrettung“, eine Teileinheit des Gefahrstoffzuges des Landkreises Mainz-Bingen sowie die Führungsgruppe für die Technische Einsatzleitung des Landkreises Mainz-Bingen, mit einem Einsatzleitfahrzeug, werden bei der Feuerwehr Ingelheim für die überörtliche Gefahrenabwehr bzw. für überörtliche Schadensereignisse vorgehalten. Die Jugendfeuerwehr mit ihren aktuell rund 30 Mitgliedern leistet im Rahmen ihrer Jugendarbeit aktive Nachwuchsförderung. Im Jubiläumsjahr 2010 sollen die Weichen für eine neue Struktur gestellt werden: mit dem Bau einer zentralen Feuerwache sollen die drei Löschzüge unter einem Dach zusammengeführt werden.

Eine besondere Zusammenarbeit besteht seit 1984 mit der Werkfeuerwehr von Boehringer Ingelheim. Seit dieser Zeit rückt die Werkfeuerwehr Boehringer Ingelheim bei entsprechenden Alarmierungen (Wohnungs- und Gebäudebrände) mit ihrer im Werk stationierten Drehleiter bzw. den heutigen Teleskopmastfahrzeugen aus, so dass diese Fahrzeuge nicht von der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt vorgehalten werden müssen. Für diese fruchtbare Zusammenarbeit zum Wohle der Stadt und ihrer Menschen ist allen Beteiligten besonders zu danken.

150 Jahre Freiwillige Feuerwehr Ingelheim am Rhein, dies bedeutet vor allem auch 150 Jahre ehrenamtliches Engagement von unzähligen Männern und Frauen, die in diesen fünfzehn Jahrzehnten große Teile ihrer Freizeit in den Dienst unseres Gemeinwesens gestellt haben. Aktive Mitarbeit bei einer Feuerwehr war immer schon eine besondere Form ehrenamtlichen Engagements – und dies gilt auch heute noch uneingeschränkt. Dabei wird es in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt nicht einfacher, Beruf und ehrenamtliches Wirken bei der Feuerwehr miteinander zu verbinden. Hier sind alle aufgerufen, entsprechende Rahmenbedingungen für einen Fortbestand von Freiwilligen Feuerwehren zu schaffen.

Ist heute dem Schreckensruf „Feuer“ dank zum Einsatz kommender modernster Feuerlöschtechnik weitgehend die verheerende Wirkung früherer Jahrzehnte genommen, so ist dennoch absolute Wachsamkeit gegenüber dem „Feuerteufel“ geboten, um Leben und Habe, Lebensarbeit und Hoffnung vor versengenden Flammen zu retten. Welch weiter Weg war auch in Ingelheim zurückgelegt worden von der ersten Brandbekämpfung mit Einsatz von Wassereimern bis zum heutigen organisierten Feuerlöschwesen.

Blättert man in der umfangreichen Chronik der Ingelheimer Wehren, so ist festzuhalten, dass die Männer in den vielen Jahrzehnten ihres Wirkens die unzähligen Einsätze unterschiedlichster Art mit hoher Kompetenz und großem Engagement gemeistert haben.
In den vergangenen 50 Jahren wurde von den Männern eine besonders hohe Einsatzbereitschaft gefordert beim Unfall des Fernschnellzuges Basel – Dortmund (1960), den Hochwassereinsätzen (1970, 1980 und 1988), den Großbränden bei den Vereinigten Großmärkten für Obst und Gemüse - VOG (1979 und 1992), dem Baumarkt Struth (1994) und dem Möbelhaus Schwaab (2003), den Sicherheits- und Brandschutzdiensten beim Besuch von Papst Johannes Paul II in Mainz (1980) und dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton in Ingelheim (1999).

Feierlichkeiten

Festakt

Mit einem Festakt am 14. Mai 2010 begannen die Feierlichkeiten und Veranstaltungen der Feuerwehr Ingelheim zum 150-jährigen Jubiläum. Der für Feuerwehrbelange zuständige Dezernent, Bürgermeister Ralf Claus, begrüßte Feuewehrkameraden und –kameradinnen, Vertreter umliegender Wehren, Abgesandte aus Politik, Verwaltung und öffentlichem Leben.

Die Festrede hielt Staatssekretär Roger Lewentz, in Vertretung des verhinderten Innenministers Karl Peter Bruch. „Es ist ein großartiges Jubiläum, das zu Ehren derjenigen gefeiert wird, die Verantwortung für den Schutz der über 25000 Ingelheimer Bürger übernommen haben“ sagte Lewentz. Das Land Rheinland-Pfalz steht an der Seite der kommunal getragenen Wehren, unterstrich der Staatssekretär.

Im Anschluss an die Festreden, unter anderem von Oberbürgermeister Dr. Joachim Gerhard, Kreisfeuerwehrinspekteur Wilfried Eppelmann und dem Vorsitzenden des Landesfeuerwehrverbandes Hermann Lossbrand wurde die neue Feuerwehrfahne von Diakon Thomas Metzler und Pfarrerin Petra Lohman gesegnet. Die von der Stadt Ingelheim gestiftete neue Feuerwehrfahne ist das Symbol für einen wichtigen Schritt in die Zukunft:
Aus drei Löscheinheiten soll eine werden, die Züge aus Ingelheim-Mitte, Groß-Winternheim und Frei-Weinheim arbeiten Hand in Hand.

Feuerwehrfest

Am Pfingstwochenende, vom 22. bis 23.Mai 2010, fand bei strahlendem Sonnenschein das große Feuerwehrfest auf dem Festgelände statt. Hier wurden spektakuläre Vorführungen, eine Feuerwehrmesse, auch mit historischen Ausstellungstücken, geboten. Außerdem gab es Unterhaltung für die ganze Familie.

Für Feuerwehrinterressierte wurde ein Brandgewöhnungtraining unter dem Motto „Wir gehen durch Feuer“ angeboten. Spektakulär waren auch die moderierten Vorführungen:
• Ein Autocrash bei verschiedenen Geschwindigkeiten
• Eindrucksvolle und in Haushalten oft zu schweren Unfällen führende Fettbrandlöschung
• Umgang mit Gefahrstoffen, den die Werkfeuerwehr Boehringer Ingelheim demonstrierte
• Das nicht alltägliche Szenario eines Gasbrandes mit einer für die Zuschauer hautnah zu erlebenden Wärmestrahlung von 800 bis 1000 Grad Celsius
• Dem Brand in einem Gartenhäuschen rückte die Jugenfeuerwehr souverän und gekonnt zuleibe

Das Unterhaltungsprogramm rundete das Fest unter anderem mit dem musikalischen Top Act „Kick it like Falco“ am Samstagabend und den „Kasteler Musikanten“ zum Frühschoppen am Sonntag ab.

Das Programm, zusammen mit dem passenden Festwetter, sorgte dafür, dass sich die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim am Rhein über ein sehr großes Besucherinterresse bei allen Veranstaltungen freuen konnte.

Blick in die Zukunft

Wie sieht der Blick in die Zukunft aus und was bleibt der Wehr nach dem Fest?
Das lässt sich ziemlich genau in einer Zahl ausdrücken, die Wehrleiter Hans-Peter Stoffel stolz macht: Es ist die Zahl acht. So viele neue Aktive hat die Freiwillige Feuerwehr gewonnen, die zum Fest kamen, sahen, was die Wehr macht - und seither dabei sein wollen. Geblieben sind auch unvergessliche Erinnerungen an dieses Jubiläum und die Gewissheit, dass die Freiwillige Feuerwehr Ingelheim am Rhein als Team organisieren und sich präsentieren kann.